Sarnen (den) — Willy Hässig kocht vor Wut. Der 11-Jährige summte letzte Woche während eines mehrstündigen Toilettenbesuchs eine Melodie vor sich hin. Seit gestern steht fest: Die Melodie wird nun von der SVP verwendet, als Grundlage für den «Wo e Willy isch, isch ou e Wäg»-Song. Angereichert mit einigen weichgespülten Phrasen über die Freiheit sowie die Zukunft des Landes, scheint der SVP medientechnisch ein grosser Clou gelungen zu sein. Ganz zum Leidwesen des Komponisten.
„Das ist eine verdammte Schweinerei. Ich distanziere mich ganz klar von der Volkspartei“, so der 11-Jährige. Zwar sei ihm die SVP ein Begriff, schliesslich habe er an seiner Schule von der Partei schon Flyer in die Hand gedrückt bekommen. Ausserdem sei sein Vater SVP-Kantonsrat. „Aber selbst der findet, dass ich für Ausländerhass noch zu jung bin. Diese Neigung spare ich mir für die Pubertät auf, wenn ich dann die ersten schlechten Erfahrungen mache mit Eritreern, die mir die Lehrstelle wegschnappen.“
Der eigene Vater klaute die Melodie
Willy Hässig geht davon aus, dass sein Vater Werner die Melodie an die SVP weitergereicht hat. „Er hat mir letzte Woche 100 Franken gegeben, weil ich so ein braver Bub sei. Danach hat er beschämt zu Boden geguckt und schnurstracks das Bad verlassen.“ Für den 11-Jährigen ist klar, dass er um ein anständiges Komponisten-Honorar betrogen wurde.
„Seit 2012 komponiere ich zusammen mit einem Schulkollegen scherzeshalber Lieder. Wir sind nicht davon ausgegangen, dass wir je eines verkaufen können, weil wir fürs Schreiben nie länger als 12 Minuten gebraucht haben.“ Allerdings hätten letztes Jahr diverse Schlagersänger zugegriffen. „Unglaublich, dass man durch infantile Melodien gepaart mit ‚Mein-Dein‘-Reimen bis zu 15’000 Franken verdienen kann“, so Willy Hässig. Darum erwarte er nun auch, für den dreisten Ideenklau anständig entschädigt zu werden. „Ausserdem will ich einen Aufritt im Videoclip. Sollen sie von mir aus halt diesen Hampelmann mit dem Akkordeon rausschneiden, so was will ja eh keiner sehen.“