Hitzewelle: UN erklärt klimatisierte Büros zu Menschenrecht

6. Juli 2015 | Von | Kategorie: Schweiz
Imitiert schon mit 5 Jahren J.Lo's Posen aus Musikvideos: die kleine Annemarie im unklimatisierten Büro ihrer Mutter.

Imitiert schon mit 5 Jahren J.Lo’s Posen aus Musikvideos: die kleine Annemarie im unklimatisierten Büro ihrer Mutter.

Genf (den) — Die Charta der Menschenrechte wurde übers Wochenende um einen Punkt erweitert. Neu steht unter Artikel 31: „Keine Person darf bei Temperaturen über 29 Grad zur Arbeit in einem nicht klimatisierten Büro gezwungen werden.“  Für Hansjürgen Rötgers, Sprecher des Europarats, eine längst überfällige Entscheidung. „Selbst auf Guantanamo wurden die Häftlinge regelmässig mit Eisduschen gekühlt. Es ist erwiesen, dass die Produktivität bei Temperaturen jenseits der 25 Grad massiv sinkt. Daher kann ich diesen Beschluss nur begrüssen.“

Für Schweizer Arbeitgeber bedeutet das, dass sie nachrüsten müssen. Der Beschluss gilt ab Mittwoch. Angestellte, die danach noch immer in einem nicht klimatisierten Büro arbeiten, dürfen ihre Tätigkeit ohne Konsequenzen niederlegen und den Nachmittag beispielsweise in der Badi verbringen. „Die meisten Angestellten können sich Zuhause keine Klimaanlage leisten. Sie schwitzen nachts während acht Stunden und kriegen kein Auge zu. Darum muss ihnen zumindest im Büro die Möglichkeit gegeben werden, Energie für den Feierabend zu tanken“, so Guido Füssli vom kaufmännischen Verband Schweiz.

Rückendeckung erhält der 45-Jährige aus Deutschland. „Büroangestellte sind weder sonderlich belastbar noch hitzeresistent. Wären sie’s, hätten sie ja von Anfang an eine Anstellung auf dem Bau annehmen können“, so Rudolf Rütten vom Deutschen Arbeitnehmerverband. Dass überhitzte Büros zu Totalausfällen führen, weiss er aus eigener Erfahrung: „Ich war mal in der Programmplanung von RTLII. Da hatten wir auch keine Klimaanlage.  Zu welch grausamen Auswüchsen das geführt hat, sieht man täglich zur Primetime.“

Ein Tipp für Arbeitnehmer. Sammeln Sie während des nächsten Hagelsturms die Körner ein und nehmen Sie die dann mit ins Büro.

Ein Tipp für Arbeitnehmer. Sammeln Sie während des nächsten Hagelsturms die Körner ein und nehmen Sie die dann mit ins Büro.

Tischventilatoren reichen nicht

Gemäss UN-Beschluss darf die Temperatur in Büros künftig nicht mehr als 24 Grad betragen. Gekühlt werden muss zwangsläufig mit Klimageräten. Tischventilatoren sind keine Alternative.  Guido Füssli erklärt warum: „Tischventilatoren senden folgendes Signal an den Arbeitnehmer: ‚Dein Wohlbefinden ist uns eigentlich egal, aber wir sind doch froh, wenn du nicht zusammenbrichst oder durch deine Schweisstropfen einen Kurzschluss verursachst.‘ Ausserdem ist die Kühlung durch warme Luft ineffizient. Wenn Sie zwei Eiswürfel in heisses Badewasser werfen, ändert sich an der Temperatur ja auch nichts.“

Arbeitgeber kritisieren derweil, dass die Forderung nach kühler Luft viel zu kurzfristig gefasst ist. „Wir brauchen dafür mindestens bis zum Sommer 2017. Die SBB kriegen es mit klimatisierten Zügen im Regionalverkehr ja auch nicht vorher hin“, sagt Hans Raff vom Verein der Schweizer Arbeitgeber. Seiner Meinung nach sollte es reichen, wenn der Arbeitnehmer alle zwei Stunden seinen Kopf für fünf Minuten in den Kantinen-Kühlschrank halten darf. „Ich habe mich auch jahrelang so abgekühlt, bis wir 1987 in allen Kaderbüros Klimaanlagen einbauen liessen.“

 

 

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