Brig (den) – Die 13-Jährige Franziska S. aus Brig hat am Samstagabend den Notruf verständigt, weil sie in ihrem Höschen Blut fand. «Ich hatte Todesangst», gesteht die Schülerin eines katholischen Internats. Innerhalb von zwanzig Minuten wurde Franziska vom Krankenwagen abgeholt und ins nächstgelegene Spital gebracht. Dort gelang es den Ärzten nach dreissig dramatischen Minuten, die Unterleibsblutung mit einigen Kleenex und Pflastern zu stoppen. Dennoch können die Mediziner keine Entwarnung geben. Franziska leidet weiterhin an Magenkrämpfen und Kopfschmerzen. Was zu der mysteriösen Unterleibsblutung geführt hat, ist noch völlig unklar.
Gemäss Aussagen der 13-Jährigen seien die Symptome nicht zum ersten Mal aufgetreten. Bereits vor genau einem Monat habe sie dieselben Beschwerden gehabt, musste deswegen sogar den Schwimmunterricht vorzeitig abbrechen. Da die Ärzte eine chronische Erkrankung befürchten, wird das Mädchen für mindestens ein halbes Jahr zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben müssen. «Wir haben keine Ahnung woran die Kleine leidet», sagt Chefarzt Dr. Thomas Gey. Allerdings habe die Mutter von Franziska berichtet, in der Vergangenheit ähnlichen Unterleibsbeschwerden gespürt zu haben. «Möglicherweise handelt es sich um eine Erbkrankheit» so der Mediziner.
Möglicherweise weitere Mädchen infiziert
Weil es für die Symptome von Franziska noch keinen Namen gibt, haben sich die Walliser Ärzte für die vorläufige Bezeichnung «sanguineus fotziralis» entschieden, abgeleitet vom lateinischen «sanguen» für Blut sowie vom griechischen «fotziral» für Unterleib. Den Medizinern gibt Franziskas Krankheit grosse Rätsel auf. «Sie verschwindet so schnell, wie sie gekommen ist. Wir haben allerdings Angst, dass jeder monatliche Rückfall mit noch grösseren Schmerzen einhergeht als der letzte», sagt Chefarzt Gey.
Nicht nur die Mediziner bangen, auch Franziskas Schulkollegen machen sich grosse Sorgen. «Ich war im gleichen Schwimmbad wie sie, als ihre Blutungen anfingen. Möglicherweise hat sie mich durchs Wasser angesteckt», erzählt die 12-jährige Andrea unter Tränen. Ihre Befürchtung ist nicht unbegründet. Anfangs dieser Woche wurden vier von Franziskas Schulkolleginnen mit Unterleibsblutungen ins Krankenhaus eingeliefert. «Es ist nicht auszuschliessen, dass sie sich im Badewasser angesteckt haben» sagt Chefarzt Gey. «Komischerweise sind bis jetzt nur Mädchen von den Symptomen betroffen. Den Jungs aus Franziskas Klasse scheint ‹sanguineus fotziralis› nichts anhaben zu können. Wir untersuchen ihr Blut darum auf Antikörper. Möglicherweise finden wir etwas, um der Krankheit den Garaus zu machen. Bis dahin erhalten die weiblichen Patientinnen wärmende Bettflaschen, Kräutertee sowie Morphium à discrétion.»
«Warum tust du mir das an, Gott? »
Franziska schämt sich für ihre Krankheit. «Ich weiss nicht, warum Gott mir das antut», so die gläubige Katholikin. Sie sei in der Vergangenheit immer allen Menschen freundlich gesinnt gewesen, selbst Schwulen oder solchen, die vor der Ehe Sex haben. Auch der behandelnde Arzt hadert mit Franziskas Schicksal «Für mich ist es schwierig, ihr Mut zuzusprechen», sagt Thomas Gey. Er könne seine Patientin nicht anlügen. «Ich habe ihr gesagt, dass sie möglicherweise bis zu ihrem 50. Altersjahr an diesen Blutungen und den damit verbundenen Stimmungsschwankungen leiden wird.» Dass es für sie dadurch schwierig sein dürfte, einen Mann zu finden, habe er allerdings für sich behalten.