Zürich (den). Gestern wurde die internationale Vergleichsstudie Pisa publiziert. Während sich die Mainstream-Medien auf die oberflächlichen Zahlen zur Mathematik stürzen, interessiert sich der Enthüller für die Lesekompetenz von Schweizer Schülern. Eine vom Enthüller in Auftrag gegebene Vergleichsstudie fördert Überraschendes zu Tage.
Besonders Kinder aus sogenannten bildungsfernen Familien zeigen eine überdurchschnittlich hohe Deutschkompetenz. So besitzen diese Kinder nicht nur einen ausgeprägteren Wortschatz, sie haben auch weniger Probleme mit dem Buchstabieren mehrsilbiger Wörter. Ein möglicher Grund für diese hohe Deutschkompetenz könnte das Schauen vieler Sendungen des Privatfernsehens sein, namentlich RTL II. Besonders gut lässt sich dies anhand der Kinder einer Schulklasse in Zürich-Höngg demonstrieren, mit welchen der Enthüller gesprochen hat.
Luisa vs. Faton
Luisa ist 6-jährig. Ihre Eltern führen eine Anwaltspraxis und haben kurz vor Luisas Geburt den Fernseher aus dem Haus verbannt. Wir fragten Luisa, ob sie andere Worte kenne für den Begriff «aufs WC gehen». «Bislä und gaglä», kichert die 6-Jährige verlegen. Mehr als diese zwei Begriffe kennt sie nicht.
Anders der kleine Faton. Seine Mutter arbeitet als Küchenhilfe in der Imbissbude ihres Bruders, Fatons Vater ist Automechaniker. Der 6-Jährige mit Migrationshintergrund beantwortet unserer Frage mit Bravour.
«Scheissen, kacken, pissen, anal auslagern, sich den Rücken schnäuzen und den Natursekt kredenzen», antwortet der junge Zürcher wie aus der Pistole geschossen. Er schaue oft RTL II gibt Faton zu Protokoll, besonders gerne Sendungen wie Frauentausch, Berlin Tag & Nacht, die Geissens oder dieses neue Format, «bei dem fette Arschlöcher abspecken müssen» (Extrem schwer).
Klassische Musik vs. Sido und Bushido
Auch bei der 3. Klasse in Höngg klafft eine Wissenslücke zwischen den einzelnen Bildungsmillieus. Kinder, die von den Eltern gezwungen werden, klassische Musik zu hören, verzweifeln am Buchstabieren der Worte «Flachwichser, Fotze oder Hartgeldnutte». Keine Schwierigkeiten bereitet diese Aufgabe Kevin (9). «Logisch kenne ich die Begriffe. Mein Lieblingsrapper braucht diese Worte oft, wenn er über seine Freundin spricht», so Kevin. Für den 9-Jährigen ist Fäkalsprache nichts Verwerfliches. «Wer seine Freundin oft genug Fotze nennt, erhält irgendwann den Bambi-Integrationspreis», ist Kevin überzeugt.
Kevins Vater freut sich über den Wissensstand seines Sprösslings. Er habe ja ordentlich dazu beigetragen, bemerkt der 46-jährige Arbeitslose. «Wenn der Junge bei mir ist, schauen wir immer die Sendung Frauentausch und andere Doku-Soaps. Aber bei meiner Ex, der blöden Schlampe, darf der Junge nicht so viel fernsehen. Das mache den Jungen dumm, sagt sie immer. Da guckst du nun blöd, Chantale. Bei mir hats Kevin besser als bei dir und deinem neuen Arzt und er lernt erst noch mehr.»
TV-Zwang durch Lehrer
Die Höngger Lehrer fordern nun Chancengleichheit für alle Schüler. «Es kann doch nicht angehen, dass Kinder aus ärmeren Familien mit besseren Chancen ins Leben starten, nur weil bei ihnen zu Hause der Fernseher häufiger läuft», regt sich Deutschlehrerin Susanna Dissel-Pfanntuchen auf. «Wo die Eltern versagen, muss die Schule einspringen», resümiert die 38-Jährige.
Darum zwinge sie ihre Schüler ab nächstem Jahr, täglich Berlin Tag & Nacht sowie einmal pro Woche Frauentausch zu schauen. Durch diese Massnahme hätten endlich auch die Kinder aus wohlhabenden Familien die Möglichkeit, in einem Diktat nicht ungenügend abzuschneiden, ist Dissel-Pfanntuchen überzeugt.
Text: Pavel Kulicka, Buzz Orgler, Bild oben: ocg.at, Bild unten: Cheetah 100