Giftgas-Anschlag auf Abercrombie erweist sich als zerbrochener Parfümkanister

20. Juli 2015 | Von | Kategorie: Ausland
Wirkt auch super gegen Mücken: Fierce von A&F.

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Mailand (den) – Tränende Augen, Atemnot, Panik. 14 grösstenteils männliche Kunden erlebten in einer italienischen Abercrombie-Filiale am Freitag das pure Grauen. „Ich wollte gerade einen der desinteressiert blickenden Verkäufer fragen, ob es ein Shirt auch in Grösse XL gibt, als es mich tierisch im Hals kratzte“, berichtet Jens H. Sekunden später setzt ein starker Würgereiz ein, der 33-Jährige ringt um Atem.

„Ich warf mich auf den Boden und hielt mir ein überteuertes Poloshirt vor Mund und Nase. Panisch krochen ich und einige übergewichtige Mitvierziger in Richtung Ausgang. Jemand schrie ‚Das ist Senfgas, das ist Senfgas‘. Ich dachte ich müsse in schummriger Beleuchtung mit Discobeats in den Ohren sterben. Doch irgendwie schaffte ich es lebend aus dem praktisch leeren Geschäft. Davor warteten schon Feuerwehrleute in Schutzanzügen. Sie liefen in die Filiale und sprachen mit den noch immer anwesenden Verkaufspersonal.“

War vor 10 Jahren mal hip, sorgt mittlerweile nur noch für Nasenrümpfen: Abercrombie & Fitch.

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Eine Verzweiflungstat

Kurz darauf wird Jens H. über das Unglück aufgeklärt. Der olfaktorische Anschlag auf die einst beliebte Kleiderkette entpuppt sich als selbstgemacht und nicht toxisch. „Man sagte uns, dass im Lager ein Fünfliterkanister des hauseigenen Parfüms ‚Fierce‘ zu Bruch gegangen sei. Der stechende Duft verbreitete sich dank der Klimaanlage im Nu und befiel alles und jeden.“ Gemäss Behördenangaben habe zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Kunden bestanden.

„Abercrombie-Mitarbeiter sind dem Geruch schon seit Jahren ausgesetzt. Zwar leiden etliche von ihnen an Jugendwahn, Narzissmus und Fitnesssucht, doch ein direkter Zusammenhang mit dem Parfüm konnte nie hergestellt werden“ so Guiseppe Profumetto vom toxikologischen Institut Mailand. Trotzdem kritisiert er den aggressiven Dufteinsatz des serbelnden Labels. „Teenager müssen beim Passieren des Ladens jeweils die Strassenseite wechseln, damit sie auf dem Pausenhof nicht wie Loser von gestern riechen.“ Er bezweifelt ausserdem, dass der Parfümkanister zufällig zerbrochen sei. Profumetto sieht im Unfall einen verzweifelten Schrei nach Aufmerksamkeit einer einst hippen Modemarke.

Konstanter Brechreiz

Für Jens H. ist der Grund für den olfaktorischen Supergau indes zweitrangig. Der 33-Jährige kämpft seit Freitag gegen Brechreiz an, wann immer er etwas Süsses riecht. Was er erlebt habe, wünsche er seinem ärgsten Feinde nicht. „Seit dem Vorfall muss ich auf jegliche Art von Parfüm verzichten. Wenn meine Freundin im Bad Haarspray benutz, beginnen meine Knie zu schlottern.“ Der gelernte Lagerist hat mittlerweile eine Klage gegen Abercrombie eingereicht. „Ich hoffe die behandeln meinen Fall rasch. Ich will eine Entschädigung erhalten, so lange es das Label noch gibt.“

 

Bild oben: Flickr/linkverloren, Bild Mitte: Flickr/J. Marc Dodds

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