IS-Kämpfer streiken für faire Löhne und mehr Ferien

19. November 2014 | Von | Kategorie: Ausland
Schleierhaft ist hier nicht nur das Gesicht, sondern auch die Gedanken im Kopf des Mannes.

Schleierhaft ist hier nicht nur das Gesicht, sondern auch die Gedanken im Kopf des Mannes. Bild: EPA

Kobane (den). «Es ist eine verdammte Schweinerei» flucht Abu el Hassar. Seit knapp einem Jahr steht der ungelernte Schweinebauer im Dienste des IS. Für seine Gräueltaten kassiert er monatlich 120 Dollar. Doch der Terrormiliz geht das Geld aus. Abu el Hassar wird keinen 13. Monatslohn erhalten.

«Für eine verblendete Ideologie einzustehen ist schön und gut, aber das muss sich auch finanziell lohnen. Von Wasser Luft und dem Koran allein kann ich nicht leben», schimpft der 42-Jährige enttäuscht. Er habe bereits zwei Lohnverhandlungen mit seinem Chef geführt und für Fairness plädiert. «Der Typ ist ein verdammter Halsabschneider. Er sagt, das Budget sei aufgebraucht, die Reserven so leer wie die Köpfe Nichtgläubiger. Aber ich weiss, dass er lügt.» Darum streikt Abu el Hassar seit letztem Montag. Ihm gleich tun es 162 weitere Dschihadisten. Sie alle fordern bessere Arbeitsbedingungen.

«Ist Krebs nicht Strafe genug?»

Karim Al Mosul erklärt, wie der Streik vor sich geht. «Seit letzter Woche schiessen wir nur noch mit Platzpatronen auf Zivilisten. Auf Steinigungen und Folter verzichten wir sogar ganz.» Der 19-jährige Schulabbrecher sieht durchaus Vorteile an der momentanen Situation. Er schlafe viel besser seit dem Streik.

«Unsere gewalttätigen Übergriffe sind ja oft das Resultat von Gruppendruck und gegenseitigem Anstacheln. Da bleibt keine Zeit zum Hintersinnen. Wenn ich dann aber mal eine ruhige Minute finde, frage ich mich: Hat das jetzt wirklich was gebracht, Kinder und ihre Mütter zu erschiessen? Erwartet mich dafür im Himmel eine Belohnung? Lohnt es sich wirklich, jemandem fürs Rauchen die Hand abzuhacken? Ist die Aussicht auf Krebs nicht Strafe genug?»

Vorbild Deutschland. Hier streikt ständig irgendwer wegen irgendwas. bild: kai pfaffenbach/reuters

Vorbild Deutschland. Hier streikt ständig irgendwer wegen irgendwas. bild: kai pfaffenbach/reuters

Tarifvertrag für Terroristen

Gemäss einem UNO-Bericht rette der aktuelle Streik massiv mehr Menschenleben als die Luftangriffe der Amerikaner. Damit die IS-Milizen weiterhin möglichst lange die Arbeit niederlegen, befinden sich deutsche Vermittler der Gewerkschaft Wehrdi vor Ort. Sie erklären den Dschihadisten das System rund um Tarifverträge, 35-Stunden-Woche und bezahlten Urlaub. Wie ein UNO-Sprecher dem Enthüller mitteilt, sei die Streikkultur der Deutschen im Falle IS zum ersten Mal förderlich. «Die Verhandlungen laufen auf Hochtouren. Sprich, sie werden noch für mindestens 18 Monate andauern. Bis dahin sollten wir den Grossteil der Kämpfer mit nicht funktionierenden Waffen ausgerüstet haben.»

Walter Hofer ist einer der Vermittler, die sich mit den Terroristen an den runden Tisch setzen. «Es ist schon speziell. Menschenleben sind diesen Barbaren nichts wert, aber beim Geld und den Ferien plädieren sie für Fairness und Transparenz.» Er werde sein Bestes geben, die Verhandlungen möglichst lange andauern zu lassen. «Diese Taktik nützt noch immer mehr, als die Gegner des IS mit Waffen auszurüsten, die am Ende trotzdem in den Händen der Terroristen landen.»

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