Das grosse Journalismus ABC, Teil 4

10. März 2014 | Von | Kategorie: Medien

Zürich (den). Da ausser der russischen Invasion und den Swiss Music Awards übers Wochenende nicht viel los war, folgt nun der 4. Teil unserer beliebten ABC-Serie.

M wie Medienkonvergenz

Steht ein Verlagshaus heute vor der Frage «Wie können wir unseren Gewinn noch mehr optimieren?» taucht schnell das Zauberwort (Medien)-Konvergenz auf (…die Annäherung verschiedener Einzelmedien. Danke Wikipedia). Redaktionen finden Konvergenz am Anfang noch ganz geil. «Cool, dann können wir selber Videos drehen und auf der Plattform einbetten. Oder besser mit der Print- resp. Onlineredaktion zusammenarbeiten.»

Doch früher oder später merken sie, was Konvergenz wirklich bedeutet: Ein Redaktor macht neu den gleichen Job, wie zuvor drei Redaktoren und ein Fotograf zusammen und Verlage können sparen, weil abtretende Mitarbeiter nicht mehr ersetzte werden. Dies finden die Redaktionen dann nicht mehr so geil und es kann dazu führen, dass sich Redaktoren zu einer «Gruppe 200» zusammenschliessen und den Chefs in einem Brief ihren Unmut über die ganze Situation ausdrücken. Wären diese Redaktoren vor 300 Jahren noch wegen Meuterei über die Planken geschickt worden, wird heute mit Mediation, Supervision und viel Kamillentee nach einer Lösung gesucht.

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Dieser Newsroom ist mega cool, denn es gibt ihn im TV. (Im Ernst. Ist ne geile Serie)

Die Konvergenz jedenfalls wird uns (in der einen oder anderen Form) noch eine Weile erhalten bleiben.

N wie Newsroom

Während man früher die Position in der Redaktionshierarchie an der Grösse des Büros eines Redaktors ablesen konnte, arbeiten heute alle, vom Praktikanten bis zum Chefredaktor, im trendigen Newsroom. Dort laufen neuerdings die Fäden einer Redaktion zusammen. Auf grossen Bildschirmen wird mit dem sogenannten Seismograph angezeigt, welche Geschichte im Netz gerade abgeht wie ein Zäpfli, sprich; welcher Journi mit seiner Geschichte am meisten Klicks einheimst. Auf anderen Bildschirmen flimmern die Frontseiten der Konkurrenz. So kann jeder relativ schnell sehen, welche Geschichte einem im Moment grad durch die Lappen geht und welches Medium man zitieren muss, wenn man selbige Geschichte dann später ungeprüft auf die eigene Seite knallt.

ZVV

Die besten Artikel finden Sie jeweils um 9 und 16 Uhr in diesem Zug.

O wie Online

Online ist die Zukunft der Medien. Vor allem die klassischen Printmedien erfahren dies im Moment schmerzlich. Mit schon fast fatalistischer Entschlossenheit halten sie an ihren Druckerpressen fest und töten dafür Jahr für Jahr Wälder von der Fläche unzähliger Fussballfelder.

Doch wer kann es ihnen verübeln. Ausser mit offensichtlicher Werbung (Werbung) und weniger offensichtlicher Werbung (Native Advertising) haben es die Verlage nicht geschafft, ihre Produkte im Internet zu Geld zu machen. Ab und zu versucht sich eine Zeitung an der «Pay Wall», einem Bezahlangebot, bei welchem der Kunde z.B. nach einer gewissen Anzahl Artikel pro Tag bezahlen muss. Diese Kunden merken dann schnell, dass die anderen Zeitungen ihr Onlineangebot nach wie vor gratis zur Verfügung stellen, oder dass die guten Artikel auch im Print und somit um 9 und 16 Uhr jeweils gratis in allen S-Bahnen zu finden sind.

P wie Pressestelle

Stellen wir uns vor, die heutige Welt hätte gewisse Ähnlichkeiten mit dem Star Wars Universum. Die Medien wären darin die Rebellen, die für eine gute Sache kämpfen und die Pressestellen wären somit das böse Imperium. Dieses Imperium probiert dabei möglichst viel Einfluss auf die Rebellen zu nehmen, schreibt beschönigende Mitteilungen, reagiert beleidigt, wenn kritisch nachgefragt wird und weiss prinzipiell alles besser als die Rebellen. Beispiel: Der Autor dieser Zeilen führte einmal folgendes Gespräch mit der Pressestelle einer kantonalen Polizeibehörde:

«Herr Polizeipressemensch, Sie schreiben, dass der Exhibitionist seinen Penis vor einer Joggerin entblösste. Können Sie etwas zur Joggerin sagen? Alter oder Wohnregion?» «Nein.» «Warum nicht?» «Opferschutz.» «Das verstehen wir. Wir wollen ja auch keinen Namen. Ich würde einfach gerne schreiben ‚Die 25-jährige Frau aus der Region Affoltern reagierte besonnen und meldete den Vorfall der Polizei’.» «Das Opfer ist nicht 25 und kommt auch nicht aus Affoltern.» «Ja, das nehme ich an. War ja auch nur ein Beispiel. Kann ich schreiben, dass es eine junge Frau war?» «Kommt darauf an, was für Sie eine junge Frau ist.» «Das kommt darauf an, was Sie mir für ein Alter sagen können.» «Wir machen wie gesagt keine Angaben zum Alter oder der Herkunft des Opfers.» Spätestens da merkte der Kulicka, dass er gerade 5 Minuten für eine Meldung recherchierte, die der geneigte Leser in 20 Sekunden gelesen hat. Danke Pressestelle! Fehlt nur noch der Todesstern und die Imperium-Analogie ist perfekt.

Text: Kulicka, Bild Internet

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