Unis bieten Kurse im Stalking-Journalismus an

11. Dezember 2013 | Von | Kategorie: Medien
Stalken will gelernt sein.

Stalken will gelernt sein.

Zürich (den). Der Vergewaltigungsfall rund um Karl Dall wirft weitere Wellen. Schweizer Unis und Fachhochschulen bieten neu Kurse im Stalking-Journalismus an. In diesen sollen die zukünftigen Dauerpraktikanten Journalisten lernen, wie man Prominenten oder Politikern langfristig nachstellt, um Geschichten zu generieren

«Der Journalismus ist ja immer auf der Suche nach neuen Themen. Da frustriert es natürlich extrem, wenn man mal eine gute Geschichte hat, diese am nächsten Tag aber bereits wieder out ist», sagt Angela Monika Huff, Dozentin am MAZ in Luzern. Beim Stalking-Journalismus sei diese Gefahr viel geringer, da man die Berichterstattung aufgrund der Beteiligung am Fall ewig weiterziehen könne.

So funktioniert Stalking-Journalismus

Professor Vincenzo Nero von der Universität Zürich erklärt, wie beim Stalking-Journalismus vorgegangen wird. «Zuerst stürzt man sich auf den prominenten Täter. Die Unschuldsvermutung ist zweitrangig, Hauptsache man kann möglichst rasch ein paar schmutzige Details ans Tageslicht fördern. Was trug der Täter in der Tatnacht, in welchem Hotel schlief er? Möglicherweise hat man noch alte Zitate im Archiv, die sich irgendwie so drehen lassen, als stünden sie mit dem aktuellen Fall in Verbindung. Nachdem das ganze Intimleben des Täters ausgeschlachtet ist, ergibt sich die sogenannte synchrone Y-Gabelung. Jetzt lässt man das Opfer zu Wort kommen.

Da dieses Journalist ist, kann es die Geschichte beliebig oft drehen und aus diversen Blickwinkeln berichten. Was sagen die Eltern des Opfers/Täters? Gibt es noch weitere Involvierte? Nach und nach können auch befreundete Journalisten die Glaubwürdigkeit des Opfers demontieren. Am besten noch, bevor dieses einer Zeitung ein Interview gibt und das Ganze selber erledigt

 Masche bei mehreren abziehen

Na, hätten Sie den Perversen entdeckt?

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Vincenzo Nero rät zukünftigen Stalkern, sich nicht nur auf einen Prominenten zu fokussieren. «Nur einen abgehalfterten Schlagersänger oder Bademeister ins Visier zu nehmen, ist der falsche Weg. Man sollte direkt mehrere Parlamentarier oder Unternehmer mit SMS und Briefen bombardieren.»

Schlussendlich müsse es auch nicht zwangsläufig der Vorwurf der Vergewaltigung sein, der die Schlagzeile generiere, sagt Nero. «Man kann da ruhig etwas Kreativität an den Tag legen. Brandstiftung, Pornosucht oder der Bau einer Atombombe, wenn man lange genug im Müll wühlt, findet man schon was. Ansonsten muss man halt was erfinden.»

Prominente Gastrednerin aus Solothurn

Der erste Studiengang namens «Stalking 2.0» startet nächsten Sommer. Das MAZ in Luzern konnte für seinen Kurs bereits eine prominente Gastrednerin gewinnen. «Wir haben eine Solothurner People-Journalistin verpflichten können, die unseren Schülern beibringen wird, wie man innerhalb einer Minute 35 SMS verschickt oder in welchen öffentlichen Toiletten man Parlamentarier am besten auflauert» sagt Angela Monika Huff stolz.

 Text: Pavel Kulicka, Buzz Orgler: Foto oben: Link verloren, war irgendwo auf Flickr,  Foto unten: Frikjan

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